KARSTKALT – Fall 2: Der Schottermann
Der Morgen hing noch schwer über dem Hochplateau. Nebel zog aus dem Püttlachtal herauf, legte sich über Felder und Wälder, bis er am Rand des Steinbruchs von Hohenmirsberg hängen blieb. Zwischen den steilen Abbruchkanten wirkte alles wie erstarrt – Maschinen, Geröll, sogar die Luft.
Kommissar Lorenz Vogl schob die Hände tief in die Manteltaschen. Noch immer kreiste sein Kopf um den ersten Fall, das Gaisloch. „Es war nicht das Ende. Es ist der Anfang.“
Dieser Satz ließ ihn nicht los. Und jetzt, nur eine Woche später, der nächste Fundort.
„Chef, da drüben!“ rief Kriminaloberkommissar Sailer, ein drahtiger Mittvierziger mit ewig nervöser Stimme.
Vogl ging hinüber. Vor ihnen lag ein alter Radlader, die Scheiben eingeschlagen, die Reifen platt. Der Boden war weich vom Regen, und im Sand davor zeichneten sich tiefe Fußabdrücke ab.
„Sieht aus, als hätte einer Stiefel mit Eisenplatten getragen“, murmelte Sailer...
„Oder einer, der wollte, dass wir das denken“, entgegnete Vogl trocken.
Neben ihnen stand ein älterer Mann, eingefallene Wangen, Arbeitsjacke voller Staub. Werner Kahl, 62, Maschinist im Steinbruch. Seine Hände zitterten leicht, als er sich eine Zigarette drehte.
„Ich sag Ihnen, ich hab ihn g'sehen“, stieß er hervor. „Helm aufm Kopf, Grubenlampe vorn dran. Stand da, mitten im Nebel. So wie früher, als er noch gelebt hat...“
„Wen meinen Sie genau?“ fragte Vogl ruhig.
„Na, den Schottermann! Wer sonst?“
Werner sog hastig am Glimmstängel. „Ich hab hier dreißig Jahre gearbeitet. Jeder kennt die G'schicht. Der Sprengmeister, der damals verschwunden ist. Hat nie einer gefunden. Und jetzt läuft er wieder hier rum.“
Vogl blickte in den Abgrund der Abbruchkante. Sagen und Mythen. Jeder hängt sich dran. Aber einer nutzt sie, um uns an der Nase herumzuführen!
Er stapfte ein Stück weiter, bis er an den Eingang einer alten Sprengkammer kam. Dort lagen Kabel, frisch verlegt, sauber an die Wand gedrückt. Kein Rost, kein Staub.
„Scheiße“, flüsterte Sailer. „Das ist neu.
Ganz neu.“
Vogl kniete sich hin. Die Drähte führten zu einer Nische, dort steckte ein kleiner Zettel zwischen den Steinen. Er zog seine Handschuhe an, nahm das Papier vorsichtig heraus.
Die gleiche krakelige Schrift wie im Gaisloch:
„Er hat den Stein bewegt. Er wird es wieder tun.“
Ein Schauder lief Vogl über den Rücken...
„Chef?“ Sailer trat näher.
„Das ist doch die gleiche Handschrift, oder?“
„Ja.“
Vogl faltete den Zettel zusammen. „Dieselbe Hand. Derselbe Kopf. Derselbe Plan.“
Werner Kahl schüttelte ungläubig den Kopf. „Also war er’s wirklich?
Der Schottermann?“
Vogl fixierte ihn mit einem langen Blick. „Nein, Herr Kahl - Kein Geist - Kein Wiedergänger. Sondern jemand aus Fleisch und Blut, der genau weiß, wie man alte Geschichten benutzt.“
Stille legte sich über die Gruppe. Nur das Tropfen von Wasser hallte aus der Sprengkammer. Vogl strich sich übers Gesicht. In seinen Gedanken hörte er das dumpfe Grollen von verschobenem Stein – so real, dass er einen Moment glaubte, der Boden unter ihm würde nachgeben.
„Sichern Sie alles“, befahl er plötzlich scharf. „Fingerabdrücke, Fasern, jede Schraube. Und die Kabel sofort abklemmen.“
„Meinen Sie, er wollte hier…?“ Sailer deutete in die Tiefe.
„Ja“, unterbrach Vogl. „Er wollte sprengen. Und er wollte, dass wir glauben, es sei der Schottermann gewesen.“
Als er den Blick wieder über den Steinbruch schweifen ließ, war ihm klar: Das hier war keine Spukgeschichte. Das war die zweite Inszenierung. Und der Zettel war die Bestätigung – jemand spielt mit uns. Schritt für Schritt.
Das Gaisloch war kein Zufall.
Der Schottermann war der Beweis.
Und es würde nicht dabei bleiben.
Sonntag 28.09.2025 - EILMELDUNG - Radio Fränkische Welle 92.7*
Heute Vormittag wurde der Bereich rund um die Hohenmirsberger Platte weiträumig abgesperrt.
Zahlreiche Einsatzfahrzeug sowie mehrere Spezialkräfte der Polizei sichern derzeit das Gelände.
Die Maßnahme steht im direkten Zusammenhang mit den laufenden Ermittlungen im Fall „Schottermann“. Weitere Details können zum jetzigen Zeitpunkt nicht bekanntgegeben werden.
Die Bevölkerung wird gebeten, den abgesperrten Bereich weiträumig zu meiden.
„Sie hören die Fränkische Welle – 92,7. Nah dran, mitten in Franken.“
(* fiktive Frequenz - Karstkalt)
Sperrung an der Hohenmirsberger Platte
Es war ein wirklich trüber Vormittag, als die ersten Absperrbänder flatternd im Wind gespannt wurden. Ein Streifenwagen blockierte die schmale Zufahrt hinauf zur Hohenmirsberger Platte – ein Ort, den viele nur als beliebtes Ausflugsziel kannten. Heute jedoch wirkte er wie eine verbotene Zone.
Die Polizei hatte das Gelände großräumig abgeriegelt. Neugierige Anwohner blieben auf Abstand, niemand durfte mehr in die Nähe. „Einsatzlage“, hieß es nur knapp.
Doch für Kommissar Vogl hatte dieser Einsatz eine besondere Schwere. Seit gestern kreisten seine Gedanken um den alten, ungelösten Fall – den verschwundenen „Schottermann“. Fast drei Jahrzehnte lang schien das Rätsel in den Akten vergraben zu sein. Bis jetzt.
Neue Hinweise hatten die Ermittler an genau diesen Ort geführt. Unregelmäßigkeiten im Boden, ein Zeuge, der in der Nacht seltsame Geräusche gehört haben will, und alte Spuren, die plötzlich in einem neuen Licht erschienen......
Karstkalt - die Krimiserie aus der Fränkischen Schweiz 😎 exklusiv und nur hier by Die Fränkische Schweiz
💥 P.S. Mehr Infos zum Stand der Ermittlungen, Zeugenaussagen von Werner Kahl und Protokolle von Kommissar Vogl exklusiv und nur im Abo❗
Montag, 29.09.2025 - UPDATE - Radio Fränkische Welle 92.7*
(leichte Morgenmusik wird ausgeblendet, kurzes Signal „Nachrichtenupdate“)
Sprecher/in (ruhig, aber eindringlich):
„Guten Morgen, es ist Montag – und wir haben ein Update zu den laufenden Ermittlungen im Fall Schottermann.
Wie bereits berichtet, wurde gestern das Gelände rund um die Hohenmirsberger Platte großräumig abgesperrt. Die Spurensicherung war stundenlang im Einsatz, nachdem neue Hinweise aufgetaucht sind.
Die Polizei bittet nun die Bevölkerung um Mithilfe:
Wer hat im Zeitraum zwischen Samstagmittag und Sonntagmorgen verdächtige Fahrzeuge oder Personen im Bereich Hohenmirsberger Platte beobachtet?
Hinweise nimmt die Dienststelle Forchheim unter der bekannten Telefonnummer 015679708026 entgegen. Jeder Hinweis – auch wenn er unbedeutend erscheint – kann für die Ermittlungen wichtig sein.“
(kurzer Jingle, dann Übergang zurück ins Programm)
Sprecher/in (freundlicher Ton):
„Sie hören die *Fränkische Welle – 92,7. Nah dran, mitten in Franken.“
(* fiktive Frequenz - Karstkalt)
Dienstag, 30,09,2025 - Franken Kurier – Lokalausgabe Bayreuth Südlicher Landkreis
Mysteriöse Spuren auf der Hohenmirsberger Platte – Polizei ermittelt erneut
Pottenstein/Hohenmirsberg – Die Polizei hat am Wochenende eine großangelegte Spurensuche auf der Hohenmirsberger Platte abgeschlossen. Hintergrund ist ein noch ungeklärter Vorfall, der in Zusammenhang mit dem Sprenganschlag in der Pottensteiner Hauptstraße vor einigen Jahren stehen könnte.
Nach Informationen des Franken Kuriers wurden auf dem Hochplateau Reifenspuren eines Geländewagens sowie ein metallisches Fragment sichergestellt. Ob es sich dabei um Teile eines Fahrzeugs oder um Überreste technischer Geräte handelt, wird derzeit in den kriminaltechnischen Laboren untersucht. Sprengstoffrückstände konnten bisher nicht festgestellt werden.
Ein Zeuge hatte die Ermittler darauf aufmerksam gemacht. Er will am vergangenen Wochenende einen alten weißen Lieferwagen auf der Platte gesehen haben – nach eigener Aussage derselbe Fahrzeugtyp, der damals beim Anschlag in der Hauptstraße aufgefallen war. Die Polizei prüft derzeit, inwieweit diese Aussage mit den gefundenen Spuren übereinstimmt.
„Wir nehmen die Hinweise ernst, auch wenn es Widersprüche gibt“, erklärte ein Polizeisprecher auf Nachfrage. Die Ermittler bitten Anwohner und Spaziergänger, die sich zwischen Samstagabend und Sonntagvormittag im Bereich Hohenmirsberg aufgehalten haben, um sachdienliche Hinweise.
Die Bevölkerung wird zudem gebeten, auffällige Fahrzeuge in der Region zu melden. Gerade Geländewagen mit frischen Beschädigungen könnten für die Ermittlungen von Bedeutung sein.
Die Spurensicherung arbeitet unter Hochdruck, ein Zusammenhang mit dem damaligen Sprenganschlag wird derzeit nicht ausgeschlossen!
Mittwoch, 01.10.2025- Szene: Polizeirevier Forchheim – später Abend
Regen. Neonflimmern. Der Ordner SCHOTTERMANN offen, daneben Beweisbeutel. An der Wand drei Zettel mit Nadeln fixiert.
HELLER
(legt Fotos aus, nüchtern)
Tote im Gaisloch: kein sauberer Unfall, keine klaren Fremdeinwirkungen. Zettel Nummer eins lag am Eingang der Öffnung. Zettel zwei beim Steinbruch im Sprengloch. Zettel drei am Geländer der Mariengrotte. Warum ausgerechnet an der Mariengrotte..
Was hat die Grotte mit den beiden anderen Orten zu tun?
VOGL
(sitzt, schaut nicht auf Heller, sondern auf die Zettel) ja gerade so als wüßte derjenige genau wo ich mich aufhalten würde!
Heller schau, die Schrift ist dieselbe. Der Ton auch. Keine Drohungen, nur Hinweise. Absichtlich unvollständig.
HELLER
Also Spielchen. Vielleicht ein Trittbrettfahrer, der den Schottermann-Mythos füttert.
VOGL
(steht langsam auf)
Nein. Das ist kein Lärm. Das ist Takt. Drei Zettel, drei Orte, drei Wiederholungen...
💥 P.S. Mehr Infos zum Stand der Ermittlungen, das ganze Gespräch von Kommissar Vogl und Kollege Heller und wie es am nächsten Tag weitergeht gibt es exklusiv und nur im Abo❗
Fortsetzung folgt..